Ernsthafte Zweifel an Rechtmäßigkeit

Bescheide des Wasserverbandes Strausberg-Erkner bis 31.12.2005 sind rechtswidrig


Immer wieder entsteht Streit, wenn nach der Verlegung von Abwasserleitungen die Anlieger zur Kasse gebeten werden. Dabei agieren die regionalen Abwasserentsorger auf der Grundlage von Satzungen, die schon oft Gegenstand von Gerichtsverfahren waren.
Nun haben das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) Beschluss vom 5. Juli 2007 zum Aktenzeichen 5 L 42/07 sowie nachfolgend das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 14. September 2007 zum Aktenzeichen OVG 9 S 36.07 entschieden, dass bei einem Beitragsbescheid (sog. „Schmutzwasserbeitragsbescheid") des Wasserverbandes Strausberg-Erkner (WSE) aus dem Jahre 2000 ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen, weil es keine wirksame Beitragssatzung gibt, die geeignet wäre, den Bescheid vom 29. Dezember 2000 zu stützen.

Für die aktuelle Beitragssatzung des WSE über Schmutzwasserbeiträge vom 19. Oktober 2005 ergibt sich dies bereits aus dem zeit­lichen Geltungsbereich, der erst am 01. Januar 2006 beginnt. Soweit die Vorgängersatzung des WSE vom 13. Juni 1997 zwar den Zeitpunkt des Bescheiderlasses erfasste, erwies sich jedoch diese nach mehreren Urteilen des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) wegen Aufnahme einer unzulässigen Tiefenbegrenzung und eines Pauschalbetrages für die Anschlusskostenerstattung als nichtig. Nichtig war auch die erste Bei­tragssatzung des Verbandes vom 14. Oktober 1992, die eine feh­lerhafte Maßstabsregelung enthielt.

Fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage, ist ein dennoch erlassener Bescheid rechtswidrig. Dies bedeutet, dass alle Bescheide über Schmutzwasserbeiträge, die bis zum 31. Dezember 2005 erlassen wurden, keine Rechtsgrundlage haben und rechtswidrig sein dürften.

Das Oberverwaltungsgericht stellte zudem klar, dass der Wasserverband gehalten ist, über den Aussetzungsantrag eines betroffenen Anliegers zur Vermeidung einer Vollstreckung der Beitragsforderung binnen angemessener Zeit zu entscheiden. Daher hat das Gericht die aufschiebende Wirkung des Wider­spruchs auf den Zeitpunkt ab Stellung des Aussetzungsantrages beim Verband angeordnet, so dass eine Vollstreckung der (rechtswidrigen) Beitragsforderung bzw. von darauf entstandenen „Säumniszuschlägen" zunächst vermieden wird.

Da der Anlieger bereits mit seinem Widerspruchsschreiben Anfang 2001 beim WSE die Aussetzung der Vollziehung beantragt und diesen Antrag auch begründet hat, hat er von seiner Seite alles getan, um die zeitliche Schutzwirkung durch eine - hier erforderliche - behördliche Aussetzungsentscheidung herbeizuführen, die aber auch nach über 6 Jahren nicht erfolgt ist. Der Anlieger ist hingegen nicht verpflichtet, außerdem alle verfügbaren Rechtsschutzmöglichkeiten auszuschöpfen und bei unangemessen langer Untätig­keit der Behörde zeitnah einen Antrag bei Gericht zu stellen. Er kann dies nachholen, wenn die Vollstreckung angekündigt wird.