Streit mit dem Nachbarn

Antrag bei Schlichtungsstelle ist in jedem Falle ratsam


Nach Angaben der Justiz soll die Anzahl von Verfahren zwischen Grundstücksnachbarn ständig zunehmen. In den Medien wird über besonders skurrile Fälle gern berichtet. Um die Justiz zu entlasten, sind deshalb in vielen Bundesländern Regelungen geschaffen worden, die den sofortigen Zugang zum Gericht verhindern sollen. So gilt auch in Brandenburg, dass in genau aufgezählten Fällen die Erhebung einer Klage vor dem Amtsgericht erst zulässig ist, wenn ein Schlichtungsverfahren vor einer Gütestelle versucht worden ist (siehe Brandenburgisches Schlichtungsgesetz: BbgSchlG). Dabei ist z. B. vorgesehen, dass Streitigkeiten über Ansprüche nach dem Brandenburgischen Nachbarrechtsgesetz (BbgNRG) zwingend zunächst vor der Schiedsstelle zu verhandeln sind. Erst wenn eine entsprechende Erfolglosigkeitsbescheinigung der Schiedsstelle vorliegt, können die Amtsgerichte in Anspruch genommen werden. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das Gesetz die Klageerhebung ausdrücklich innerhalb einer bestimmten Klagefrist anordnet. Das Amtsgericht Bernau hat in einem Urteil vom 26.08.2008 (10 C 757/07 [119 KB] ) in späterer Übereinstimmung mit dem Landgericht Frankfurt (Oder) als Berufungsgericht (dort: 15 S 132/08) definiert, wann solche Ansprüche einschlägig sind. Die Kläger begehrten in diesem Verfahren von den Nachbarn die Beseitigung einer Einfriedung aus Holzflechtmaterial, die mit einer Höhe von 1,80 m an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtet wurde. Die Kläger waren der Ansicht, dass im vorliegenden Fall eine Vorschaltung eines Schlichtungsverfahrens nicht zwingend war, weil sie einen Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB geltend machten, der im BbgSchlG nicht aufgezählt wird. Das Gericht war jedoch der Ansicht, dass es sich im vorliegenden Fall gerade trotzdem um „Fragen nachbarrechtlichen Charakters“ handelte. Zumindest berührt war nach Angabe des Gerichts die im BbgNRG geregelte Einfriedungspflicht und die in diesem Zusammenhang verbundene „ortsübliche“ Beschaffenheit des Zauns. Mit der Klage wollten die Kläger nach Meinung des Amtsgericht somit nachbarschaftsrechtliche Ansprüche geltend machen, da sie sich auf eine mögliche korrekte Einfriedung bezogen, die nach ihrer Beschaffenheit sowie der Höhe als ortsüblich zu bezeichnen ist. Sofern die ortsübliche Einfriedung in der Gegend überwiegend aus Maschendrahtzaun mit einer Höhe zwischen 1,0 m und 1,25 m besteht, ist der von den Klägern geltend gemachte Beseitigungsanspruch zwar ein Anspruch nach § 1004 BGB, jedoch stellt das BbgNRG bei der Einfriedung sodann eine Sonderregelung dar. Entspricht die zu entfernende Einfriedung nicht der durch das Nachbarrechtsgesetz getroffenen Regelung, so sind die Nachbarn verpflichtet, zunächst eine Klärung vor der Schiedsstelle herbeizuführen, selbst wenn diese von vornherein keine Erfolgschancen habe. Daher ist es allen Betroffenen bei einer derartig weiten Auslegung des Schlichtungsgesetzes anzuraten, in allen zivilrechtlichen Fragen des Nachbarrechts unabhängig vom tatsächlich geltend gemachten Anspruch zunächst einen Antrag bei der Schiedsstelle einzureichen.

Hier das Urteil im Volltext zum Download [119 KB] als PDF-Datei


Achtung: der Text wurde im Jahre 2013 überarbeitet!