Rechtsmittelfristen sind einzuhalten


Gerichte machen nicht auf eventuelle Fehler aufmerksam


Wer einen Prozess führt, muss darauf achten, gerichtliche Entscheidungen fristgerecht anzufechten, wenn diese in einer weiteren Instanz nochmals geprüft werden sollen. Dies gilt auch für den Verwaltungsrechtstreit, bei dem in den meisten Fällen eine Berufung erst einmal zugelassen werden muss, bevor diese überhaupt eingelegt werden kann. Dazu muss der Antrag auf Zulassung der Berufung rechtzeitig gestellt und begründet werden. Das OVG Berlin-Brandenburg hat in einem aktuellen Beschluss vom 10.01.2011 (Az. OVG 9 N 99.10 [59 KB] ) ausgeführt, was dabei zu beachten ist. Es hat einen Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) als unzulässig abgelehnt, weil er nicht fristgerecht begründet wurde. Für solch einen Antrag sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen erstinstanzlichen Urteils die Gründe darzulegen, weshalb die Berufung zuzulassen ist. Das Urteil ist der früheren Bevollmächtigten des Klägers laut Zustellungsurkunde am 21. Oktober 2010 zugestellt worden. Die Begründungsfrist endete daher mit Ablauf des 21. Dezember 2010. Die Antragsbegründung ist erst am 22. Dezember 2010 - und damit verspätet - bei Gericht eingegangen. Die wegen dieser Fristversäumung vom Kläger beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war nach der Entscheidung des OVG nicht zu gewähren, denn der Kläger war nicht ohne Verschulden verhindert, die gesetzliche Frist einzuhalten. Ein Verschulden im Sinne dieser Bestimmung liegt vor, wenn der Betroffene diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falls zuzumuten war. Dabei ist ihm ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zuzurechnen. Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsgesuchs hatte der Kläger vorgetragen, mit Schreiben vom 22. Oktober 2010 habe ihm seine damalige Verfahrensbevollmächtigte mitgeteilt, dass ihr das Urteil des Verwaltungsgerichts am 22. Oktober 2010 zugestellt worden sei und die Frist für einen Antrag auf Zulassung der Berufung am 22. November 2010 ablaufen würde. Sie habe gleichzeitig erklärt, dass sie für ein etwaiges Berufungsverfahren nicht zur Verfügung stehe. Sein jetziger Verfahrensbevollmächtigter habe in seinem Schriftsatz vom 16. November 2010, der den Antrag auf Zulassung der Berufung enthielt, noch darauf hingewiesen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts am 22. Oktober 2010 zugestellt worden sei. Weder das Verwaltungsgericht noch das Oberverwaltungsgericht hätten anschließend auf das richtige Zustellungsdatum aufmerksam gemacht. Es ist nach Ansicht des OVG offensichtlich, dass die frühere Verfahrensbevollmächtigte des Klägers den Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Anwalts nicht genügt und damit schuldhaft gehandelt hat, als sie den Kläger dahingehend informiert hat, dass ihr das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts am 22. Oktober 2010 zugestellt worden sei, obwohl die Zustellung am 21. Oktober 2010 erfolgt war. Der Kläger muss sich aber dieses Verschulden zurechnen lassen. Soweit der Kläger geltend macht, er habe keinen richterlichen Hinweis über das zutreffende Datum der Zustellung erhalten, nachdem sein derzeitiger Verfahrensbevollmächtigter im Schriftsatz vom 16. November 2010 den 22. Oktober 2010 als Zustellungsdatum angegeben habe, ist zu beachten, dass das Gericht nicht verpflichtet war, dieses Datum im Anschluss an den Eingang des Schriftsatzes vom 16. November 2010 zu überprüfen und ihm einen Hinweis zu erteilen. Unabhängig davon entfällt das Verschulden an der Versäumung einer Frist nicht dadurch, dass ein Dritter (z. B. das Gericht) die Fristversäumung durch einen rechtzeitigen Hinweis noch hätte verhindern können. Jeder muss also selbst auf die Fristen achten und darf sich nicht darauf verlassen, dass die Gerichte auf eventuelle Fehler aufmerksam machen.


Hier der Beschluss im Volltext zum Download als PDF-Datei [59 KB]