BGB §§ 2368, 2361 (Einziehung und Neuerteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses)

Hat der Erblasser in seinem noch zu DDR-Zeiten verfaßten Testament keine Regelung zum unbeweglichen Nachlaß getroffen und weist demzufolge die Testamentsvollstreckerbescheinigung hierzu ebenfalls keine Anordnung aus, kann diese Bescheinigung jedenfalls dann heute eingezogen und ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt werden, in dem die Regelung des unbeweglichen Nachlasses erwähnt wird, falls ein Rückübertragungsbescheid des Vermögensamtes die Rückübertragung gem. § 2a VermG auf die unbekannten Erben angeordnet hat.

LG Frankfurt/Oder, Beschluß vom 12.3.1999, 12 T 71/99

1. Die Beschwerde ist gemäß §§ 19, 20 FGG zulässig. Der angefochtene Beschluß einschließlich seiner Nichtabhilfeentscheidung ist nämlich als Ablehnung der Einziehung der Testamentsvollstrecker-Bescheinigung vom 5.1.1979 nebst Neuertellung eines Testamentsvollstrecker-Zeugnisses auszulegen. Der dem angefochtenen Beschluß zugrundeliegende Antrag war anders als vom AG interpretiert nicht lediglich auf Berichtigung reiner Schreibfehler und Schreibversehen oder unwesentlicher Auslassungen entsprechend § 319 ZPO gerichtet. Der Antrag hat das Ziel der Erteilung eines Testamentsvollstrecker-Zeugnisses, mit welchem die Beschwerdeführerin in die Lage gesetzt ist, verwaltungstechnisch die Rückübertragung des unbeweglichen Vermögens in die Erbmasse zu bewirken und zeitlich danach das Vermögen ordnungsgemäß zu verwalten. Da im Falle eines unvollständigen oder unrichtigen Testamentsvollstrecker-Zeugnisses entsprechend den Regeln über den Erbschein (§ 2368 Abs. 3 Hs. 1 BGB) nur über den Weg der Einziehung und Neuerteilung ein inhaltlich richtiges Testamentsvollstrecker-Zeugnis erwirkt werden kann, ist die Beschwerde gemäß § 19 FGG mit dem Ziel der Neuertellung das zutreffende Rechtsmittel (vgl. Palandt/Edenhöfer, BGB, 58. Aufl., § 2361 Rdn. 14 m.w.N.) und als solches zulässig.

a) Der unter dem 5.7.1996 gestellte Antrag kann nicht als reiner Berichtigungsantrag entsprechend § 319 ZPO gedeutet werden. Die Beschwerdeführerin hat zwar unter Hinweis auf § 2368 BGB und § 319 ZPO "Berichtigung" beantragt, sie hat jedoch zugleich unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß sie für das Restitutionsverfahren beim Amt zur Regelung offener Vermögensfragen ein Testamentsvollstrecker-Zeugnis braucht, welches ihr Verwaltungsbefugnis bezüglich des gesamten Nachlasses, ohne Beschränkung auf den beweglichen Nachlaß, einräumt, damit sie den Restitutionsanspruch durchsetzen und die Rückführung des unbeweglichen Vermögens in die Erbmasse erreichen kann. Das Interesse hat sich insoweit nicht durch die zwischenzeitlich erfolgte Rückübertragung erledigt. Denn nunmehr steht die Immobille vor der Notwendigkeit einer geordneten Verwaltung. Diese könnte die Beschwerdeführerin als Testamentsvollstreckerin organisieren, wenn sie ein entsprechendes Testamentsvollstrecker-Zeugnis erhält. Sie hätte damit eine Legitimation in den Händen. Zwar kann der Nachlaß auch durch den bestellten Nachlaßverwalter verwaltet werden, das schließt aber das Rechtschutzbedürfnis der Beschwerdeführerin schließlich nicht aus. Das Rechtschutzziel der Antragstellerin ist auszulegen und die Prüfung zur Erreichung dieses Zieles ist nicht auf den Weg beschränkt, den die Antragstellerin - möglicherweise ohne eine genaue exakte rechtliche Prüfung - vorgeschlagen hat. Vielmehr ist das Begehren unter allen rechtlichen Gesichtspunkten am Ziel orientiert auszulegen und es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Beschwerdeführerin mit ihrem Antrag auch die gerichtlichen Maßnahmen ergriffen haben will, die zu ihrem Ziel führen. Auf das Testamentsvollstrecker-Zeugnis sind die Regeln über den Erbschein anwendbar (§ 2368 Abs. 3 Hs. 1 BGB). Insoweit gilt im Falle der Unrichtigkeit, die nicht einfach gemäß § 319 ZPO berichtigt werden kann, daß das inhaltlich unrichtige oder unvollständige Testamentsvollstrecker-Zeugnis eingezogen und neu erteilt werden muß (LG Frankfurt a.M. RPfleger 1973,95). Da dies schon von Amts wegen zu geschehen hätte, kann es das Ziel des Rechtsmittels der Beschwerdeführerin, nur sein, daß das Testamentsvollstrecker-Zeugnis eingezogen wird und das AG angewiesen wird, ein entsprechend inhaltlich anders lautendes Zeugnis zu erteilen (LG Frankfurt a.M. a.a.O.).

b) Dem steht nicht entgegen, daß die Beschwerdeführerin das Testamentsvollstrecker-Zeugnis vom 5.1.1979 nie zur Akte zurückgereicht hat. Dies muß die Beschwerdeführerin nicht, weil nicht unterstellt werden kann, daß sie genau weiß, auf welchem Wege ihr ein Testamentsvollstrecker-Zeugnis mit dem begehrten Inhalt erteilt werden kann. Im übrigen erfolgt die Einziehung von Amts wegen und aufgrund von Amts wegen durchzuführender Ermittlungen, das NachlG muß von sich aus die Einziehung anordnen, es kann auch zugleich mit dem Einziehungsbeschluß das neue Testamentsvollstrecker-Zeugnis erteilen und die Erteilung bewilligen. Auf die Vornahme dieser Handlungen ist der Antrag gerichtet.

2 a) Das erteilte Zeugnis vom 5.1.1979 ist unrichtig und steht mit dem im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung zu ermittelnden Willen der Erblasserin nicht in Einklang. Die Erblasserin wollte vielmehr über ihr ganzes Vermögen verfügen, ging jedoch, da sie die Immobille in Frankfurt (Oder) für wertlos hielt, davon aus, daß ihr gesamter Nachlaß aus beweglichem Vermögen besteht. So erklärt sich auch, daß sie die Beschwerdeführerin zur Durchführung der Testamentsbestimmungen als Verwaltungsvollsteckerin für den beweglichen Nachlaß bestimmte.

Es gilt für die Frage der Wirksamkeit des Testaments vom 16.8.1972 das zu diesem Zeitpunkt in der DDR gültige Recht. Denn gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 EGZGI3 richtet sich die Wirksamkeit eines Testaments nach dem vor Inkrafttreten des ZGB geltenden Recht, wenn das Testament zu diesem Zeitpunkt errichtet wurde. In der DDR galt in Erbfällen vor dem 1.1.1976 noch das Erbrecht des BGB. Soweit es um die Auslegung der Testamentsvollstrecker-Anordnung geht, handelt es sich um einen Bestandteil des Testaments vom 16.8.1972, dessen Wirksamkeit insgesamt nach den Regeln des BGB zu beurteilen ist. Auch die Ermittlung des letzten Willens wie die Auslegung des Testaments folgt diesen Regeln. Das Testament ist gültig errichtet worden und blieb auch nach Einführung des ZGB mit seinen Bestimmungen wirksam.

b) Die Erblasserin wollte, daß die als Testamentsvollstrecker eingesetzte Beschwerdeführerin die Bestimmungen des Testaments erfüllt. Sie wollte über den gesamten Nachlaß verfügen. Die Anordnung der Testamentsvollstreckung ist dahingehend auslegungsfähig, daß die Erblasserin auch bezüglich ihres Grundstücks die Testamentsvollstreckung anordnen wollte. Dies ergibt die ergänzende Auslegung der letztwilligen Verfügung. Die ergänzende Auslegung dient in erster Linie dazu, Lücken in der letztwilligen Verfügung zu schließen, die sich daraus ergeben haben, daß zwischen Errichtung des Testaments und Erbfall Veränderungen eingetreten sind, die der Erblasser nicht vorausgesehen und bedacht hat, sei es im Kreis der bedachten Personen oder bezüglich des zugewendeten Gegenstandes. Die Lücke kann sich auch daraus ergeben, daß der Erblasser die Verhältnisse bei Testamentserrichtung falsch beurteilte, etc. (vgl. Palandt/ Edenhöfer § 2084 Rdn. 8). Die Voraussetzungen für die Aliwendung dieser Testamentsauslegungsregel sind gegeben. Die Erblasserin besaß zwar im Zeitpunkt der Testierung am 16.8.1972 noch das Grundstück, hielt es aber für wertlos und hat es deshalb in ihren Anordnungen erst gar nicht bedacht und einbezogen. Sie sah zu diesem Zeitpunkt auch nicht die spätere politische Entwicklung und Veränderung der politischen Verhältnisse voraus. Das bedeutet aber nicht, daß sie wollte, daß bezüglich der Immobille die gesetzliche Erbfolge eintreten sollte und sie auch insoweit keine Testamentsvollstrecker-Anordnung treffen wollte. Nach dem rechtskräftigen Beschluß des LG Frankfurt (Oder) steht gerade fest, daß das unbewegliche Vermögen der Erblasserin von der Testierung der Erblasserin erfaßt werden sollte. Es wird insoweit in vollem Umfange auf die inhaltlichen Ausführungen des Beschlusses des LG Frankfurt (Oder) Bezug genommen. Demnach ist es nur folgerichtig, auch die Verfügung der Erblasserin über die Testamentsvollstreckung so einzuordnen, daß die Beschwerdeführerin auch Testamentsvollstreckerin über den unbeweglichen Nachlaß sein sollte. Da die Erblasserin den Nachlaß insgesamt ordnen wollte und der Testamentsvollstrecker-Anordnung den Satz ausdrücklich angefügt hat: "sie haben die Bestimmungen des Testaments zu erfüllen . . .", besteht kein Anhaltspunkt dafür, weshalb der Umfang des Testierwillens hinsichtlich des Vermögens und der Einsetzung der Testamentsvollstreckung unterschiedlich gesehen werden soll. Vielmehr gebietet für beide Fragenkomplexe die Auslegung des Testaments die gleiche rechtliche Konsequenz, nämlich sowohl die Bestimmung über das gesamte Vermögen als auch der Umfang der Einsetzung als Testamentsvollstrecker.