Streit ums Testament



Wenn man seinen Nachlass beizeiten regeln will, sollte ein Erbvertrag mit den künftigen Erben geschlossen werden oder ein Testament errichtet werden. Dies gilt vor allem für die Menschen, die ausschließen möchten, dass Verwandte zum Zuge kommen, die eigentlich nichts bekommen sollten. Gehört z. B. eine Eigentumswohnung oder ein Grundstück mit Haus zum Nachlass, so ist es besser, ein Testament beim Notar zu verfassen, da dann für die Umschreibung im Grundbuch später von den Erben kein Erbschein benötigt wird. Welche Probleme jedoch bei einem Erbscheinsverfahren auftreten können, zeigt beispielhaft eine Entscheidung des Amtsgerichts Oranienburg vom 13.09.2010 (Az. 52 VI 444/07) [103 KB] . Dort stritten die Ehefrau des Erblassers und zwei der drei Kinder um die Gültigkeit des Testaments und damit um die Frage, ob der im Testament eingesetzten Ehefrau ein Erbschein zu erteilen ist, der für die Grundbuchberichtigung benötigt wurde. Mit einem handschriftlichem Testament, das ein Datum von 1988 trug, hatte der Erblasser seine Ehefrau als alleinige Erbin des gesamten Vermögens eingesetzt. Darunter befand sich ein Grundstück außerhalb der DDR. Im Testament stand weiter: „Unsere Kinder X und Y sollen nach meinem Willen des zuletzt Überlebenden erben.“ Dieses Testament wurde von zwei der drei Kinder in Frage gestellt. So machte eine der beiden Töchter im Wesentlichen geltend, dass es fraglich sei, ob das Testament überhaupt vom Erblasser verfasst wurde. Der Sohn führte an, dass er aufgrund von ihm als solche verstandener (zeitlicher) Unstimmigkeiten Zweifel an der Gültigkeit habe. Bei Ungültigkeit des Testaments wären die Kinder neben der Mutter Miterben im Wege der gesetzlichen Erbfolge geworden. Das Gericht hatte daher zunächst einen Beweisbeschluss erlassen, wonach untersucht werden sollte, ob das Testament von Erblasser eigenhändig ge- und unterschrieben worden ist oder nicht. Danach hatte die Tochter dann aber überraschend erklärt, dass sie nunmehr keine Bedenken mehr gegen den Erlass eines Erbscheins entsprechend dem Antrag der Mutter habe. Das Nachlassgericht erteilte nun die beantragten Erbschein. Soweit die beiden Kinder ferner die Ansicht vertraten, dass der Erblasser eine Nacherbfolge angeordnet habe, konnte das Gericht dem nicht folgen. Grundsätzlich setzen Vor- und Nacherbschaft eine dahingehende letztwillige Verfügung voraus. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Erblasser eben diese Ausdrücke auch verwendet hat. Maßgebend ist vielmehr der in der letztwilligen Verfügung zutage getretene Wille, die Erbschaft zunächst dem Erst- und anschließend dem Zweitberufenen zuwenden zu wollen. Im Wege der Auslegung ist also zu ermitteln, ob der Eingesetzte erkennbar nur eine Zeitlang Herr des Nachlasses sein soll (ggf. unter Beschränkung) und nach ihm noch ein anderer als Erbe, ob also der Erblasser einen mindestens zweimaligen Anfall der Erbschaft gewollt hat oder nicht. Eine Vor- und Nacherbschaft wäre dann im Erbschein zu vermerken. Die Anwendung dieser Maßstäbe führte hier aber zu dem Ergebnis, dass der Erblasser einen zweimaligen Anfall der Erbschaft gerade nicht gewollt hat. Aus der Formulierung des von ihm verfassten Testamentes folgte für das Gericht zweifelsfrei, dass seine Ehefrau, die Antragstellerin, uneingeschränkt erben sollte. Ausdrücklicher Wunsch des Erblassers war, dass erst nach dem Tode des zuletzt Überlebenden zwei von den drei gemeinsamen Kindern erben sollten. Da ein gemeinschaftliches Testament beider Ehegatten nicht vorlag, konnte der Erblasser auch nicht über das Vermögen seiner Frau, der Antragstellerin, verfügen. Als Schlussfolgerung aus einem solchen Streit in der Familie ist darauf hinzuweisen, dass klare Formulierungen im Testament nach Einholung eine fachkundigen Beratung sicher viel von diesem Zündstoff vermieden hätten.

(Erschienen in der Märkischen Oderzeitung am 1. Februar 2011 unter Rubrik "Alles was Recht ist - Erbrecht")


Hier der Beschluss im Volltext zum Download als PDF-Datei [103 KB]