Nicht sofort entscheiden

Rückzahlungsangebot der EWE - Eine Verhandlung beim Bundesgerichtshof steht noch aus


Der Oldenburger Gasversorger EWE Energie AG hat wegen Nachforderungen aus Gasabrechnungen in den vergangenen Jahren auch in Brandenburg eine Vielzahl von Prozessen gegen seine Kunden geführt. Grund dafür waren Gaspreiserhöhungen ab 2004. Der Bundesgerichtshof hat dazu bereits im Juli 2010 entschieden, dass die Preiserhöhungen in der Zeit ab dem 1. April 2007 bis zum 30. August 2010 für die „Sonderkundenverträge“ unwirksam waren. Zu den Zeiten davor und danach äußerte sich der BGH in dem Urteil noch nicht. Nun erscheinen seit einiger Zeit in mehreren Regionalzeitungen Presseerklärungen des Unternehmens, wonach den Kunden ein „individuelles“ Rückzahlungsangebot erstellt werden soll. Auf der Internetseite ist dies ebenfalls zu finden. Allerdings wird daran eine Reihe von Bedingungen geknüpft. Die Kunden sollen bestätigen, dass sie keine weitere Rückforderung für die Vergangenheit mehr stellen werden und dass sie, sofern sie noch aktuell Erdgas von der EWE beziehen, die Einbeziehung der aktuell gültigen Vertragsbedingungen akzeptieren. Erst dann wird die EWE einen Rückzahlungsbetrag errechnen und erstatten. Basis für das Rückzahlungsangebot soll der Gasverbrauch im Zeitraum 1. April 2008 bis 30. Juni 2009 sein. Die EWE will somit die Preise anwenden, die am Stichtag 1. April 2007 bis zur Preisanhebung galten. Außerdem ist Bedingung, dass man in der Zeit vom 1. April 2008 bis zum 30. Juni 2009 Erdgas über bestimmte Tarife der EWE bezog. Da das Angebot bis Jahresende gelten soll, ist allen Betroffenen zu raten, sich nicht sofort zu entscheiden. Grund dafür ist die Tatsache, dass am 14.09.2011 ein Termin zur mündlichen Verhandlung beim BGH zum Verfahren VII ZR 298/10 ansteht, wobei es um Preiserhöhungen der EWE von 2004 bis 2007 geht. Dabei handelt es sich um Revisionsverfahren gegen zwei Urteile des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 26.10.2010 (u. a. zum Az. 19 S 24/10). Das Landgericht als Berufungsinstanz hatte darin entschieden, dass den Jahresabrechnungen für 2006 und 2007 der anfängliche und unverändert gebliebenen Arbeitspreis des Jahres 2004 von 2,096 Cent/kWh zugrunde zu legen ist. Verliert die EWE die Revisionen und bleibt es somit nach dem BGH bei dieser Ausgangsgrundlage, so würde die EWE ihr Rückzahlungsangebot von einer falschen Basis und damit zulasten der Kunden errechnen und sich große Teile der eigentlich geschuldeten Rückzahlungen ersparen.


Siehe auch die anderen Artikel zum Thema:

Die EWE und die Gaspreise

Die EWE und die Gaspreise II

Auseinandersetzungen mit EWE (Teil III)


Anmerkung:

Die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt (Oder) hat mit einem rechtskräftigem Urteil vom 19.05.2011 in einer anderen Sache dazu entschieden:

"Es ist nicht ersichtlich, dass sich bei ordnungsgemäßer Abrechnung des Verbrauchs des Beklagten unter Berücksichtigung der gezahlten Beträge noch eine restliche Forderung der Klägerin ergäbe, denn der Klägerin stand ein Recht zur einseitigen Preisanpassung nicht zu."


Siehe das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder), Kammer für Handelssachen:

Urteil im Volltext zum Download als PDF-Datei [75 KB]


Nachtrag:

Die EWE hat die Revisionen gegen Urteile des Landgerichts Frankfurt (Oder) kurz vor dem Verhandlungstermin zurückgenommen, so dass die Entscheidung der Berufungsgerichts (auf meiner Webseite zu finden) rechtskräftig wurde.